Geschichte des Klosters - Kloster Mehrerau

Gründung der Mehrerau

Klostergründung in Bregenz im Jahr 1095

Kaum eine Region in Europa ist durch die Jahrhunderte so von Klöstern geprägt worden wie das Gebiet um den Bodensee. St. Gallen, Reichenau, Schaffhausen, Petershausen, Lindau, Kreuzlingen, Münsterlingen, Salem sowie viele andere Orte, die heute unterschiedlich genutzt werden, sind ursprüngliche Gotteshäuser. Von manchen Nonnen- oder Mönchsgemeinschaften an den Ufern des Sees sind nur Ruinen geblieben. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wo die Kontinuität seit dem hohen Mittelalter gewahrt geblieben ist. Die einzige Abtei, die auch heute noch ihren ursprünglichen Aufgaben nachkommt, ist die Abtei Mehrerau am östlichen Teil des Bodensees. Sie ist vom frühen Mittelalter bis in die heutigen Tage eine der bedeutensten Kulturstätten Vorarlbergs.

Von den Ursprüngen des Klosters Mehrerau

Die Mehrerau ist eine Gründung des Grafen Ulrich X., auch Udalrich, dessen Familie der Udalrichinger ihren Herrschaftssitz von Buchhorn nach Bregenz verlegt. Erstmals wird Ulrich der VI. 926 als Graf von Bregenz genannt; er gilt als großer Wohltäter des Klosters Lindau, wo er auch begraben liegt – dieses darf daher mit Recht als Hauskloster der Grafen von Bregenz bezeichnet werden. Als Bischof erwirbt er sich große Verdienste um die Erneuerung der Kirche; zudem versucht er durch Reformen des Mönchtums die Gründung eines neuen Klosters voranzutreiben – 983 entsteht dieses Kloster bei Konstanz, welches das Mutterkloster der Mehrerau wird.

Seit ungefähr 1080 beginnen Graf Ulrich X. von Bregenz und seine Gattin Bertha von Rheinfelden zielgerichtet die Gründung eines Klosters vorzubereiten. Nachdem ein Gründungsversuch in Andelsbuch im Jahre 1086 nicht gelingt, wird 1095 schließlich in der Au am See ein Benediktinerkloster gegründet. Graf Ulrich X. lässt es mit Mönchen aus Petershausen bei Konstanz im Sinne der Hirsauer Reform besiedeln.

Die erste Mönche besiedeln das Kloster

Die ersten Mönche unter der Leitung von Theoderich, dem Abt von Petershausen (1086 bis 1116), treffen vermutlich um 1086 in Andelsbuch ein. Der erste Obere wird Meinrad, vormals von 1079–1080 Abt in Petershausen. Schon die erste Kirche wird – wie jene in Petershausen, Hirsau und Rom – dem Apostel Petrus geweiht. Klostergebäude und Kirche werden zunächst aus Holz gebaut; dieses bauliche Provisorium erweist sich schon bald als Glücksfall, denn die Verlegung des Klosters von der Diedoszelle an das Ufer des Bodensees war schon nach wenigen Jahren unausweichlich. Die Schwierigkeiten der Lebenshaltung an dem abgelegenen und unwirtlichen Ort mögen wohl der Hauptgrund dafür gewesen sein.

Der endgültige Umzug von Petershausen nach Bregenz

Ehe der Umzug nach Bregenz erfolgen kann, müssen noch viele Fragen geklärt werden – vor allem die Standortfrage. Graf Ulrich, Bischof Gebhard von Konstanz und der Abt Theoderich von Petershausen sowie der Obere der Gemeinschaft von Andelsbuch, Meinrad, möchten das neue Kloster zunächst nahe der Bregenzer Pfarrkirche St. Gallus errichten, doch dieser Plan scheitert. Schließlich findet Bischof Gebhard III. die gesuchte Örtlichkeit in den Auen am See, wo das Kloster dann auch eingerichtet wird. 

Von dieser Au leitet sich der Name des Klosters ab: Kloster Bregenz in der Au, lat: Augia Brigantina oder St. Peter in der Au. Der Name Augia maior (Mehrerau) etabliert sich erst nachdem das Kloster Reichenau (Augia dives oder maior) 1540 seine Selbstständigkeit verliert und dem Hochstift Konstanz zugeschlagen wird.

Christianisierung und Klostergründungen

Die Klostergründung steht nicht bloß in lokalen und regionalen Zusammenhängen, sondern ist in einem viel weiteren Rahmen zu sehen. Denn im 11. Jahrhundert beginnt das Christentum Volksglaube zu werden – in dieser Periode der Christianisierung der damaligen Gesellschaft und der Glaubensintensivierung fällt eine ganze Reihe bedeutender Klostergründungen. Darunter sind auch heute noch bekannte Klöster wie Blaubeuren, Zwiefalten, Ochsenhausen, Alpirsbach und Neresheim auf der Ostalb.

Jedoch sind die Klöster im Mittelalter nicht nur wegen der Verbreitung und Festigung des christlichen Glaubens von Bedeutung, vielmehr profitiert auch die Bevölkerung im klösterlichen Umkreis von Schulen und landwirtschaftlichen Höfen. Denn die Mönche bauen Kirchen und gründen Siedlungen – vor allem aber kultivieren sie Land und machen es fruchtbar, sie roden Wälder, was zur Versorgung der Menschen mit den zum Leben notwendigen Mitteln beiträgt.

Blütezeit im Mittelalter, Reformation und die Barockzeit

Das Kloster erlebt im Mittelalter eine Zeit der Blüte. Die Reformation berührt das Kloster St. Peter in der Au, wie es damals heißt, kaum. Es bleibt eine Hochburg des Katholizismus und bietet vielen aus deutschen und Schweizer Klöstern geflüchteten Mönchen Zuflucht. Im 17. und 18. Jahrhundert begründen viele namhafte Wissenschaftler und Künstler den guten Ruf des Klosters. Zu den herausragenden Meilensteinen zählen auch die barocken Um- und Neubauten unter Abt Franz Pappus von Lautenberg, Tratzberg und Rauchenzell – ein Höhepunkt ist der 1740 begonnene Bau der Klosterkirche nach den Plänen von Franz Anton Beer und mit Johann Michael Beer als Bauführer.

Das Kloster und die Grafen von Bregenz

Der Familie der Grafen von Bregenz verdankt das Kloster auch seine erste Ausstattung mit Grundbesitz. Es erhält den Bereich des heutigen Stadtteils Vorkloster, Besitzungen in Andelsbuch – dem ursprünglichen Standort des Klosters –, die Pfarrkirche Sargans im Schweizer Kanton St. Gallen, die halbe Pfarre Bregenz, den großen Herrenhof in Alberschwende, Besitzungen in Lingenau, Güter um Staufen und Grünenbach im Allgäu sowie im Illergau.

Der zweite Sohn des Pfalzgrafen (1170–1230) begründet als Hugo I. die neue eigenständige Linie Montfort. Sein Besitz umfasst die Grafschaft über Churrätien, Tettnang, Bregenz, Feldkirch, Sonnenberg, Werdenberg und Sargans. Fortan übt das Haus Montfort die Vogtei über die Mehrerau aus.

Vogtei des Hauses Montfort

Auch die Montforter  lassen dem Kloster immer wieder Schenkungen zukommen. Besonders Graf Hugo V. (geb. 1357) erweist sich als äußerst großzügig und schenkt dem Kloster Güter in Andelsbuch, Hard, Bizau und vor der Bregenzer Klause. Dazu kommen noch zahlreiche Schenkungen von Laien und Mönchen. Zudem setzen im 13./14. Jahrhundert größere Güterkäufe ein. Über den Klosterbesitz im Mittelalter informiert unter anderem eine päpstliche Schutzurkunde vom 17. September 1249, die insgesamt 60 Orte nennt, in denen das Kloster zum Teil bedeutenden Besitz hatte.

appenzellerkriege

Der stetig steigende Besitzstand erreicht im 15. Jahrhundert einen Höhepunkt, als Grundbesitz in 134 Orten in Vorarlberg, 159 im Allgäu und Oberschwaben, 6 in Baden und 6 in der Schweiz nachgewiesen werden kann. Die Besiedlung und Erschließung des Bregenzerwaldes ist eng mit dem Bregenzer Kloster verbunden.

Während des staufisch-päpstlichen Konflikts um die Mitte des 13. Jahrhunderts und den Appenzellerkriegen 1405/1408 wird die Mehrerau schwer heimgesucht, geplündert und teilweise zerstört. Gemäß der benediktinischen Maxime „ora et labora“ wirtschaftet das Kloster zunächst mit der eigenen Hand der Mönche. Durch den anwachsenden Besitzstand werden aber neue Wege der Bewirtschaftung gefunden – es entstehen Musterbetriebe in Form von Großhöfen; die Mönche werden zu Lehrmeistern, es entstanden auch Schulbetriebe, wie z. B. in Lingenau.

Das vorläufige Ende des Klosters

1805 ergeht im Todesjahr von Abt Franciscus II. das königlich bayerische Aufhebungsedikt der Bayerischen Zwischenregierung, was am 01.08.1806 zur Auflösung des Konvents führt. Der Kirchturm wird gesprengt, die Kirche geschliffen und alles, was man gebrauchen kann, wird verkauft. So werden zum Beispiel die Steine von Kirche und Kirchturm für den Bau des nahen Lindauer Hafens verwendet.

Kloster Maria Meeresstern in Wettingen

Im Jahr 1227 gründet Freiherr Heinrich II. von Rapperswil an der Limmat in der Nähe des Dorfes Wettingen ein Kloster - Maris Stella oder Meeresstern - in dem Abt Konrad und zwölf Zisterziensermönche aus dem Kloster Salem am Bodensee das Ordensleben beginnen. Die junge Abtei entfaltet bald ein blühendes geistliches, kulturelles und wirtschaftliches Leben.

Während der Reformationszeit gerät das Kloster Wettingen in eine schwere Krise, als unter dem Einfluss von Ulrich Zwingli der Abt Georg Müller und nahezu der gesamte Konvent zum neuen Glauben übertritt. Der Klosterbrand von 1507 stellt eine zusätzliche Prüfung für die Mönche dar. Die Abtei kann zwar dank des Einsatzes der katholischen Kantone wieder aufgebaut werden, jedoch erst unter Abt Peter Schmid erwacht das Kloster zu neuer Blüte.

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Die »zweite« Gründung des Klosters

1594 wird unter dem Vorsitz des Abtes von Cîteaux Peter II Schmidt zum Klostervorsteher gewählt; dieser wird heute als zweiter Gründer von Maristella bezeichnet, denn er erneuert das Klosterleben und schafft die Voraussetzung für den Fortbestand. Zu seinen herausragenden Leistungen zählen die Eröffnung der philosophischen und theologischen Hauslehranstalt zur Ausbildung des eigenen Nachwuchses, die bauliche und wirtschaftliche Sanierung sowie sein Einsatz für die Gründung der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation. Besondere Aufmerksamkeit wendet Abt Petrus auch der unter Wettinger Paternität stehenden Abteien der Zisterzienserinnen in der deutschsprachigen Schweiz zu.

In den politischen Wirren der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhalten liberale Mächte im Kanton Aargau die Oberhand. Es folgt eine Welle von Klosteraufhebungen, der auch Wettingen am 28.01.1841 zum Opfer fällt. Der vertriebene Konvent entschließt sich nach kurzen Aufenthalten in Buonas und Werthenstein dazu, ins Ausland auszuwandern.

Maris Stella – zum Namen des Klosters

Der Gründungslegende nach geht die Klostergründung auf Ritter Heinrich von Rapperswil zurück. Dieser gerät auf der Fahrt ins Heilige Land in Seenot; in seiner Verzweiflung gelobt er, im Falle seiner Rettung, ein Kloster zu stiften. Als sich der gefährliche Sturm, in dem er und seine Mannschaft umzukommen drohen, legt, erscheint ein heller Stern am Himmel. Nach seiner Heimkehr vergisst der Rapperswiler Ritter zunächst sein Gelübde – erst als ihm auf einem nächtlichen Ritt der »Meeresstern« (bereits in einem Hymnus des 9. Jhs. eine Deutung des Namens Maria) abermals erscheint, setzte er das Gelübde mit der Gründung des Klosters um.

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Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau

Die Territorialabtei Wettingen-Mehrerau (lat.: Abbatia territorialis Beatae Mariae Virginis de Maris Stella et de Augia Majore) geht zurück auf die Besiedelung der aus Wettingen vertriebenen Mönche, welche am 8. Juni 1854 die Reste der 1806 aufgehobenen Benediktinerabtei Mehrerau durch Kauf erwerben können.

KLOSTER-MEHRERAU-Blick auf Kloster _A-Lamprecht

Ein Freudentag für Bregenz

Als der Wettinger Abt Leopold Höchle mit seinen Mönchen an diesem Tag an der Grenze St.Margrethen/Höchst eintrifft, begrüßt ihn eine jubelnde und begeisterte Menschenmenge, die ihn in einem Festzug zu seiner neuen Heimstatt geleitet. Die Bregenzer Bevölkerung und die Schulkinder feiern zu Ehren des Einzugs der Mönche ein großes Freudenfest.

Das Kloster im Laufe der Jahre

Gleich im ersten Jahr eröffnen die Mönche eine Lateinschule, aus der später das Collegium Bernardi mit Gymnasium, Handelsschule und Internat für Jungen heranwächst. Da die Barockkirche der Benediktiner 1808 abgebrochen worden war, errichten sie ein neuromanisches Gotteshaus. Der Nachwuchs von Mönchen und Laienbrüdern ist so erfreulich, dass von Mehrerau aus ehemalige Zisterzienserabteien wieder erworben und besiedelt werden können: 1888 Marienstatt im Westerwald, 1898 Sittich in Krain, Slovenien, 1939 Hauterive in Freiburg, Schweiz. 1919 erwirbt das Kloster die Wallfahrtskirche Birnau und das nahe gelegene Schloss Maurach und errichtet dort ein Priorat. 1920 übernimmt das Kloster Mehrerau die Führung der landwirtschaftlichen Fachschule für Vorarlberg. 1923 wird das Sanatorium Mehrerau als Belegspital errichtet. Außerdem betreibt das Kloster eine Tischlerei für Möbel- und Innenausbau. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb sichert die Versorgung mit den Grundnahrungsmittel, Gemüse und Obst. Heute ist er verpachtet.


Territorialabtei


Die Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau ist als Territorialabtei kirchenrechtlich direkt dem Heiligen Stuhl in Rom unterstellt. Der Abt, welcher den Titel „Abt von Wettingen und Prior von Mehrerau“ trägt, ist Mitglied der österreichischen Bischofskonferenz. Zugleich ist er Abtpräses der nach dem ersten Weltkrieg approbierten Mehrerauer Zisterzienserkongregation mit über 20 Klöstern in Österreich, Schweiz, Deutschland, Slowenien und den USA.